La Basilica di San Pietro - Durch die Porta Santa zum himmlischen Vergnügen
- Hilda Steinkamp

- vor 4 Tagen
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Aktualisiert: vor 2 Tagen
Etappe 3: Ende der Pilgerreise

Die päpstlichen Headquarters
spare ich mir bis zuletzt auf. Für den römischen Heiligen Abend. La Vigilia di Natale ist nur der Vorabend zu Weihnachten in der Landessprache, nichts Heiliges dran. Das weihnachtliche Last-minute-Geschäft boomt. Was die Römer an Heiligabend so noch alles nach Hause tragen!

Alpenveilchen etwa, zum Beleben der winterlich verödenden Balkone und Terrassen. Mistelzweige für den Haus- oder Wohnungseingang gehen massenweise weg. Darunter wird noch gut und gern geküsst in Rom.

Weihnachtssterne, gleich von einem halben bis ein Meter Höhe, haben auch Saison. Gern auch in Dauerplaste, pianta finta. Die sind nachhaltig auch bei Folgeanlässen einsetzbar, als Blütensticker etwa in Strandcafés im Sommer.
Panettone oder Pandoro! Italo-Kult-Kuchen in zwei Formen, Kugel oder Stern, mit allen Füllungen – kandierten und frischen Früchten, Haselnuss, Pistazie, Schoko, Nugat – und in kunstvoller Verpackung sind das Beste, was aus geheimer Rezeptur in der italienischen Konditorei entsteht.
Dann kaufen römische Shopper am Vorweihnachtsabend noch Lingerie. Rot muss sie sein zum christlichen Geburtsfest, die Damenunterwäsche. Wie die feuerroten Plastik-Peperoncini zu Neujahr.
Rot soll Glück bringen. Ob’s auch die Flaute in der italienischen Geburtenrate wieder in Schwung bringt? Sie liegt im Land der einst bambini-reichen Familien aktuell noch unter der deutschen, bei mageren 1,2%. Weniger eine Frage der Bett- als der Beschäftigungslage. Von der schon chronischen Arbeitslosigkeit gerade unter den Berufsanfängern in Italiens Süden bleibt auch Roms junge Generation nicht ganz verschont, ganz gleich, welche beruflichen Qualifikationen sie per diploma dokumentieren können. Junge Frauen erhören heiratswillige Männer erst, wenn diese statt mit Brillies zu locken, reale Bankauszüge mit sicheren monatlichen Einkünften vorlegen können. Erst Knete, dann Kinder. Küche und Kirche haben ohnehin bei gut ausgebildeten donne italiane an Charme eingebüßt.
Stichwort "Geburt". Menschen mit deutschen Weihnachts-Wurzeln wie wir wollen es festlicher am 24.12. Also auf zum Heiligtum. Da sind wir in bester Gesellschaft von pilgernden Hundertschaften.


Für die Porta Santa in San Pietro ist die Logistik aufwändiger. Immatrikulationspflicht.
Die App iubilaeum25 hilft, der Vatikan im Jubeljahr 2025 ist IT-versiert. Registrierung mit allen biografischen Daten, Buchung von Datum und Uhrzeit, Treffen auf der Piazza Pia, im Info Point einen Gebetszettel abholen, an einer Schranke warten - die Kuppel der Petersbasilika schon vor Augen -, bis sich ein überschaubares Trüppchen von 20-40 Pilgern versammelt hat und ein volontario dem oder der Ersten in der Schlange ein Kreuz auch leichtem Holz reicht, die Schranke hebt und sich der Pilgerzug betend oder singend im Gleichschritt auf den Weg macht.
600 m Pilgerstrecke sind es, die mediales Aufsehen erregen:
Danach wird es ruhiger bis zum Checkpoint mit Lasergerät und dann die Stufen hoch zur Porta Santa.
Im Kirchenraum löst sich die Pilgerformation auf. Jeder und jede zieht im eigenen Schritttempo durch die heiligen Hallen mit ihrer kostbaren Ausstattung, verweilt in Andacht oder vor Erschöpfung ob dieser konzentrierten Macht von sakraler Kunst und Schönheit.
Dom oder Basilika


Der Gang hinaus lohnt sich. Piazza San Pietro leuchtet im Weihnachtsglanz.
Glanz und Geltung der römischen Papi
Umringt von einem Mitarbeiterstab mit Millionengehältern, in einem Wohnsitz, der mit Luxusgütern der Musei Vaticani glänzt, als Staatsoberhaupt im Stato della Città del Vaticano und Inhaber aller drei Staatsgewalten in der letzten absoluten Monarchie Europas, hofiert von 1000 Gefolgschaftsleuten mit einem gesicherten hohen Bildungsstand, einer Alphabetisierungsrate von stolzen 100 Prozent und einem ebensolchen Katholikenanteil, ist der Papst selbst mittellos. Er bekommt, was er zum Leben braucht. Auch sein territorialer Wirkungskreis ist merklich geschrumpft.
Der stufenweise sich weitende Blick von der Kuppel der Petersbasilika ist zugleich auch eine Synopse der Vatikangeschichte im Kirchenstaat bis ins späte 19. Jahrhundert.

Entstanden ist das Machtzentrum der katholischen Welt aus schlichten Anfängen in antiker Römerzeit nach der Zeitenwende, in den westlichen Tibersümpfen auf dem monte vaticanus – ein Name der etruskischen Vorsiedler. Eine Grabstätte des Apostels Petrus, avanciert der Hügel im 4. Jahrhundert zur Kultstätte und zum Wallfahrtsort mit einer ersten Peterskirche.
Im 8. Jahrhundert legen die Päpste mit der politischen Herrschaft über das römische Territorium den Grundstein für den künftigen Kirchenstaat. Ende des 14. Jahrhunderts – nach Rückkehr des Papstes aus dem französischen Avignon – bezieht der pontifex maximus seinen Regierungssitz auf dem Vatikanischen Hügel. Im Bauboom der nachfolgenden Zeit entstehen Verwaltungsgebäude, Kirchen und Kapellen, der Wohnpalast des Papstes und Wehranlagen. Der Kirchenstaat formiert sich. Die Basilika ersetzt 1626 die frühe Grabkirche. Mit dem Ausbau des Vatikans weitet sich auch der Kirchenstaat aus, über ein Territorium, das im 19. Jahrhundert Mittelitalien zwischen Bologna im Nordosten und Rom im Südwesten umfasst. Der Zenit der päpstlichen Macht ist erreicht. Die Päpste stehen den römischen Imperatoren in nichts nach, was Glanz und Geltung anbelangt.

Selbst den Titel pontifex maximus (PM), "Oberster Brückenbauer", übernehmen die Päpste von Julius Caesar und den nachfolgenden Kaisern. Ein hochrangiger Amtsträger, so ein PM, der sich um alle öffentlichen Belange kümmerte, darunter Wetterprognosen, Götterbefragung, Programm und Datum von Trauerfeiern – und eben Brückenbau. Über den Tiber, die Lebensachse für die Versorgung der antiken Millionenstadt Rom. PM war eine Zwitterfigur zwischen Magier und Politiker, mit hohem Ansehen in der Gesellschaft, ein Brückenbauer auch im übertragenen Sinn: Mittler zwischen Menschen und Göttern. Den Päpsten gefiel das.

Dann wendet sich das Blatt der Vatikangeschichte. Als sich die italienischen Stadtstaaten 1861 zum Vereinten Königreich zusammenschließen, schrumpfen die weltlichen Besitztümer der römischen Kurie auf die Keimzelle der Anfänge. Zunächst verkleinert sich der Kirchenstaat auf Rom mit Umland. Einen Anschluss an das Königreich lehnt der Papst 1870 ab. Dann verliert er Rom an den Nationalstaat als Hauptstadt. Erst die Lateranverträge von 1929 garantieren dem Vatikanstaat eine überschaubare Souveränität auf dem heutigen Gelände innerhalb der engen Mauern um den Petersdom. Eine imposante Petrusfigur mit dem Schlüssel Petri grüßt vor der Petersbasilika.
Alle 25 Jahre wieder
Das war nicht immer so. Der Rhythmus der Heiligen Jahre wurde nach dem Eröffnungsjahr 1300 von den geplanten 100 Jahren auf 50 Jahre verkürzt, wegen der damals geringen Lebenserwartung. Leere Kassen in Pestjahren legten ab 1475 eine nochmalige Verkürzung auf 25 Jahre fest. Auch 2025 verspricht sich Rom von den erwarteten 35 Mio. Besuchern eine spürbare Wirtschaftsbelebung. Selbst wenn man ca. 2 Milliarden Euro an Investitionen für Infrastrukturprojekte abzieht.
Unter anderem wurde der neue Streckenabschnitt der Linea C der römischen Metro(politana), der die Besucherströme ins centro storico befördert, mit Verspätung am 16.12.2025 eröffnet. Eine letzte Station bis zum Vatikan ist geplant. Bei weiteren erwartbaren antiken Ausgrabungsfunden in Roms Untergrund dürfen Metro-Pendler pazienza mitbringen.
Und was ist mit der mittelalterlichen Ablass-Tradition? Alles gelockert. Die Länge des Bußgangs, die Höhe der Almosen. Keine Schatzkiste mehr vor den Heiligen Pforten. Kein kostenintensiver Ablassbrief mehr.

Aber es gibt Zeitgemäßes und Freiwilliges. Ein Testimonium der zurückgelegten Pilgerreise, die nicht weiter überprüft wird, geht für 3 Euro in die Souvenirkiste.

Ebenso hat der Kauf von geprägten Medaillen zum Heiligen Jahr Sammlerwert, früher wie heute. Zum christlichen Preis von 5 Euro aus dem Automaten im Info Point ufficiale.
Alle Jahre wieder
drängt es Römer wie Globetrotter in den kleinsten Staat der Welt. Die weltliche Macht des Vatikanstaates ist zwar nach über 1000 Jahren politischer Regentschaft in Mittelitalien längst beendet. Was aber den Zeitenwechsel überdauert, sind ein hochkonzentrierter Reichtum an Architektur und Artefakten und die Strahlkraft des katholischen Glaubens, die mit dem päpstlichen Segen urbi et orbi am 1. Weihnachtstag über die Stadt Rom hinaus den gesamten Erdkreis erreichen will.
Wir waren diesmal live dabei, mit 26,000 anderen. Das lässt sich bei Bedarf jährlich wiederholen. Zum nächsten Heiligen Jahr braucht es aber spirituelle Schubkraft.

Frohe Weihnachten
Buon Natale
in Stadt und Land
Italien - Deutschland - Türkei - Indien - Vietnam
dort, wo meine Blogger-Fans feiern























































































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