Giordano Bruno - Freidenker über den Feuertod hinaus
- Hilda Steinkamp

- 28. Juli
- 3 Min. Lesezeit
Standbild auf dem Campo de' Fiori, wo sein Scheiterhaufen brannte

An Hinrichtungsplätzen im Kirchenstaat
fehlte es nicht. Jeder mit eigener Vollstreckungsmethode: Verbrennung, Strangulierung, Enthauptung. Strafvollzug je nach Art des Verbrechens. Und im öffentlichen Raum. Als Abschreckung gedacht. Durchaus mit Unterhaltungswert: ein Publikumsmagnet für Schaulustige und Schadenfreudige.

Auf dem Campo de' Fiori wurden z.B. Ehegatten-Mörderinnen verbrannt.
Und Ketzer in den Feuertod getrieben. Wenige posthum rehabilitiert. Was nützt es auch?! Leben ist hin! Und erst ganz spät. Immerhin.
Wie die causa Giordano Bruno. Präsent in Rom mit seinem Standbild mitten auf dem Campo.

Steckbrief eines Ketzers
Geburt: 1548 in Nola (Provinz Neapel) als Filippo Bruno
Tod: 17.02.1600 in Rom
Bildung: Lateinschule, freie Künste, Theologie, Philosophie, Astronomie
Beruflicher Weg: Dominikanermönch, Ordensname Giordano (1565-1576), Flucht vor der Inquisition nach Rom und Norditalien, im Exil als Wander-Gelehrter an Universitäten und Höfen in Europa (1579-1592), Rückkehr nach Italien wegen Aussicht auf feste Professur und Wiederaufnahme in die Kirche, stattdessen Festnahme durch Inquisition
Weltbild: kopernikanisch, heliozentrisch, Affront gegen das geozentrische Weltbild der Kirche; universeller Pantheismus vs. biblische Gottesauffassung
Anklage: Ketzerei, Weigerung, seine Lehren zu widerrufen
Gefangenschaft: Engelsburg (1593-1600)
Strafmaß: Verbrennung
Schon vor seiner Priesterweihe 1572 kamen dem Novizen Bruno Zweifel an der katholischen Glaubenslehre, die er auch artikulierte. Seinem drohenden Ausschluss aus dem Orden entzog sich der Mönch durch Flucht. Mit seiner Kritik an kirchlichen Dogmen, auch aus der Distanz des Exils, rüttelte er am Sockel katholischer Lehre. Zur Zeit der Gegenreformation setzte Rom bei Häresieverdacht seinen kirchenrechtlichen Machtapparat gnadenlos in Gang. Als europaweit bekannter Erz-Ketzer hatte Giordano Bruno vor dem römischen Inquisitionsgericht trotz Verstand und Redekunst keine Aussicht auf Gnade.
Galileo Galilei widerrief 1633 in Florenz und überlebte. Seinen gemurmelten Zornesspruch „Eppure si muove“ – „Und sie bewegt sich doch“, die Erde, entgegen kirchlicher Auffassung um die Sonne – dichteten ihm Anhänger an, um seinen Ruf als unabhängiger Denker und Wissenschaftler zu retten.

Freidenker - im Leben wie in der Kunst
Bruno bezahlte seine geistige Autonomie mit dem Leben - deutlich vor Kants Aufklärung und Aufruf zum "Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit". Und musste lange auf seine Rehabilitierung warten.
An der Stelle seines Scheiterhaufens wird 1889 auf dem Campo seine Bronzestatue errichtet. Weit ragt sie über die Marktschirme der Händler hinaus und gemahnt still, aber eindringlich an Zeiten, als Meinungsfreiheit noch kein verbürgtes Recht, die Trennung von Kirche und Staat noch nicht vollzogen war.
Der Künstler Ettore Ferrari (1845-1929), selbst Pantheist und erklärter Kirchenfeind, stattet Skulptur und Sockel mit Elementen aus, mit denen er Giordano Bruno ein Denkmal als Freidenker setzt:
Auf den drei Bronzereliefs hält er Stationen im Leben Brunos fest: Universitätslehre, Prozess, Hinrichtung: Feuertod bei lebendigem Leib und mit Mundknebel, der ihn im Todeskampf mundtot machen soll.
In einem der Bronzemedaillons am Denkmalsockel sieht man das Porträt des Reformators Martin Luther, Giordano Brunos Zeitgenossen. In seinen Wanderjahren hatte Bruno versucht, auch in Wittenberg, Luthers Wirkungsstätte, an der Universität zu lehren. Doch der hartnäckige Italiener aus Nola (l'obstinatissimo Nolano) handelte sich mit seinen öffentlichen Bedenken gegen christliche Glaubenssätze die Kritik auch der Lutheraner ein. Ein Lehrauftrag wurde ihm verweigert. Beide Männer verbindet wohl eher die Abkehr vom Katholizismus.

Das Buch, das Ferrari seiner Bronzefigur in die Hände gelegt hat, ist keineswegs die Bibel, sondern ein philosophisches Hauptwerk Brunos (De Umbris Idearum, Über die Schatten der Ideen). Damit setzt der Künstler dessen Rolle als unabhängiger Denker ins Bild.
Die Mönchskutte erinnert an Brunos Anfänge und daran, dass der Bruch mit der Kirche nicht in seinem Sinne war.

Mit seiner Inschrift auf der Bronzetafel: "9. Juni 1889 - Für Bruno, in dem Jahrhundert, das er vorhersah, hier, wo der Scheiterhaufen brannte" erinnert der Künstler an die intellektuelle Bravour des Gelehrten, der ein Jahrhundert, Ferraris 19. Jahrhundert, vorhersah, in dem die Freiheit der Meinung und Lehre nicht mehr durch kirchliche Obrigkeiten eingeschränkt wird und Freidenker nicht auf dem Scheiterhaufen enden. Nach Gründung des Königreichs Italien (1861) lag die Stadt Rom ab 1871 nicht mehr im Einflussbereich des Papstes. In einer weltlich regierten Stadtgemeinde hat es der Künstler Ferrari 1889 ungleich leichter als sein gescheiterter Vor-Denker, freiheitliches Gedankengut zu einem öffentlich tolerierten Statement zu machen.
Später Ruhm

Bis 1966 bleiben Giordano Brunos Bücher auf dem Vatikan-Index der verbotenen Schriften. 400 Jahre nach seinem Feuertod wird 2000 aus Kirchenkreisen offiziell seine Hinrichtung für Unrecht erklärt. Der Vorwurf des Pantheismus bleibt jedoch. Erfahren von dieser halbherzigen Rehabilitierung haben jedoch nur diejenigen, die die leisen Töne in den Informationskanälen des Vatikans wahrnehmen, etwa in Radio Vaticana oder auf vaticannews.va. Immerhin: Ein Mondkrater von 22 km Durchmesser trägt seit 1961 anerkennend Brunos Namen.

Standfest in Bronze gegossen und beharrlich den Blick mit trotziger Herausforderung gen Vatikan gerichtet (diese Himmelsrichtung hat der Künstler bewusst gewählt) - das Bruno-Denkmal tut seine Wirkung.
Ich gehe nicht unbeeindruckt von der Ausstrahlung dieser Freidenker-Figur im Leben wie in der Kunst vom Platz.
Derweil hat sich der abendliche Campo mit Leben gefüllt. Die lockere Atmosphäre auf dem geselligen Platz - ein willkommener Ausgleich zum Schwergewicht seiner Historie:

















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