Gift für Gender-Gerechtigkeit
- Hilda Steinkamp

- 25. Juli
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 28. Juli
Campo de' Fiori als Galgenplatz

Eine Massenhinrichtung
soll es auf dem Campo de' Fiori gegeben haben. In den 1650ern. 600 Ehefrauen aus der gehobenen römischen Gesellschaft wurden hier nicht verbrannt - das hätte ja ewig gedauert -, sondern an Dutzenden Galgen gehängt.
Waren da Ehemänner ihrer Angetrauten überdrüssig geworden? Weit gefehlt. Umgekehrt war's. Frauen hatten sich ihrer Ehemänner entledigt. Das wurde entdeckt und sie landeten im Kerker. Auf Ehegattenmord stand Tod durch Verbrennung. Die Hinrichtungsart, für die der Campo zuständig war. Damit war die Location klar, wenn auch mit veränderter Methode, das Spektakel öffentlich, mit teuer verkauften Zuschauerplätzen. Soweit der Rahmen der Gerüchte-Geschichte. Nicht alles ist historisch stimmig belegt.
Die Vorgeschichte
Frauen in vordemokratischen Jahrhunderten hielten zusammen, ihre Recht- und Ruflosigkeit machte sie zu Komplizinnen. So hatten sie im 17. Jahrhundert etwa kein Recht, sich scheiden zu lassen. Ehegattenmord, verübt an Männern durch Gift von weiblicher Hand, war eine Verzweiflungstat von malträtierten Ehefrauen mangels legaler Wege. Giftmord war eine Strafsache, die vielfach begangen wurde, nicht immer zum Erfolg führte – in herrschaftlichen Häusern fingen Vorkoster vergiftete Speisen ab – und wenn doch, dann hatte die Strafverfolgung leichtes Spiel. Gift ließ sich im Leichnam leicht nachweisen.

Die römische Giulia Tofana aus Sizilien wusste es besser. Mit ihren Kenntnissen der Alchemie mischte sie eine giftige Tinktur - farblos, geruchlos, geschmacklos: Aqua Tofana. Täglich tröpfchenweise verabreicht, wirkte das Mittel unauffällig. Ehemänner siechten über einen Zeitraum von wenigen Wochen dahin und verstarben kurz und schmerzlos, auf scheinbar natürliche Weise. Niemand schöpfte Verdacht. Das Elend der Ehefrauen hatte ein Ende.

Tofana verkaufte in ihrem Beauty Shop die Mixtur in dekorativen Phiolen mit einem Heiligenbildchen als Etikett. Als Wunderöl fand es so unauffällig Platz unter Küchen- oder Badeutensilien. Zu ihr eilten Damen von Rang, die von ihren Ehemännern betrogen, gedemütigt oder misshandelt wurden. Und finanzielle Mittel für die hochpreisige Tinktur locker machen konnten.

Ein florierendes Geschäft
einer Alchemistin mit Sinn für ausgleichende Gender-Gerechtigkeit! Scheidung auf Italienisch, divorzio all'italiana, soll hier als Redensart ihren Ursprung haben. Komödiantisch wurde 1961 daraus der Titel eines Erfolgsfilms mit Marcello Mastroianni, mit spöttischer Kritik am italienischen Eherecht, das bis 1970 eine Scheidung kategorisch ausschloss. Für beide Geschlechter.
Bis in unsere Zeit beherbergt Tofanas vermutete officina Geschäfte der besonderen Mixturen. Aktuell ein Start-up mit phantasievollen Eiskreationen. Dafür wurde die Pellegrino Gelateria Monteforte 2024 von Puntarella Rossa als innovative Neueröffnung mit Gold ausgezeichnet.
Tofanas Erfolgssträhne
sollte indes nicht ewig anhalten. 600 ruchlose Ehemänner soll der schwarze Todesengel oder auch ihre Stieftochter Spara in ihrer einträglichen Geschäftszeit mit ihrem Verkaufsschlager ins Jenseits befördert haben. Bis eine 16-jährige reumütige Ehefrau ihren Verschwiegenheitsschwur brach, aus Mitleid dem halbwegs noch lebensfähigen 50-jährigen Ehemann ihre Tötungsabsicht gestand, dadurch die Mühlen der Justiz in Gang setzte, bis die Giftmischerin und die von ihr belieferte Witwenschar enttarnt und alle hingerichtet wurden.
Andere Quellen sprechen von Tofanas natürlichem Tod, dem Weiterleben der unbehelligten Schwarzen Witwen. Die humanere Variante. Irgendwie. Nur Spara und vier Helferinnen seien später verurteilt worden und am Galgen geendet. Für den Tod am Galgen war die Engelsburg zuständig.

Und von der Engelsburg
gibt's noch mehr Geschichten,
die um den Galgen kreisen.
Demnächst
hier
in meinem Blog ;-)!









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